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besinnliches nachdenkliches |
Eine Legende aus Russland erzählt: Einst lebte in einem Kloster ein Mönch, der täglich mit Andacht in seiner Zelle betete und dabei über die Herrlichkeit des Himmels nachdachte. Mit der Zeit erschien ihm die Kargheit und Enge seiner Zelle recht bedrückend und seine tägliche, meist gleichförmige Arbeit empfand er so gar nicht vergleichbar mit der Schönheit des Daseins im Paradies. So wuchs in seinem Herzen die Unzufriedenheit mit seinem irdischen Leben. Da fand er eines Tages in der Bibliothek ein altes Buch. Darin stand geschrieben, dass am Ende der Welt ein Ort sei, an dem sich Himmel und Erde berührten. Dort sei die Gegenwart Gottes ganz nahe. Voll freudiger Erregung beschloss er, sich aufzumachen und diesen Ort zu suchen. Er nahm Abschied von seinen Mitbrüdern und seiner altvertrauten Klosterzelle und machte sich auf die Reise. Keine Entbehrung war ihm zu groß, um die Welt zu durchwandern und den ersehnten Ort zu finden. Gott wartet im Alltag. Endlich, nach langen Jahren, gelangte er an ein besonderes Tor. Wenn er eintrat, so meinte er die sichere Eingebung zu spüren, würde er Gott ganz nahe sein. Sein Herz schlug vor erwartungsvoller Aufregung. Er klopfte, öffnete die Tür und trat ein. Doch - wo befand er sich? Er rieb sich die Augen. Das war ja seine eigene Klosterzelle! Sein Tisch, sein Stuhl, seine Arbeit warteten auf ihn. Da ging ein tiefes
Begreifen durch seine Seele. Mit einem Mal wusste er: Gott ist mir da am
nahesten, wo mir meine Lebensaufgabe gestellt ist. Der Ort, an dem sich Himmel
und Erde berühren, ist der Platz, den Gott mir ganz persönlich für mein Leben
zugewiesen hat. Die Tür zum Himmel ist auf Erden, wo ich meine tägliche
Arbeit, mein tägliches Gebet, meine Liebe zu Gott und zum Nächsten sichtbar
und spürbar lebe. |