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besinnliches nachdenkliches |
„Worauf warten wir eigentlich im Advent? Auf
Christi erste Ankunft? Sie liegt hinter uns. Auf seine zweite Ankunft? Wir
fürchten sie, wir wünschen sie nicht. Auf Weihnachten? Das Warten auf das Fest
ist aus einem religiösen zu einem kommerziellen Vorgang geworden, der hernach
durch einen anderen abgelöst wird. So scheint es, dass der Christ auf nichts
wartet; dass die christliche Hoffnung ein leeres Wort ist und eben deshalb dem
Gesetz des Vakuums folgt, sich von anderen Hoff-nungen her auffüllen zu
lassen. Aber haben wir wirklich nichts zu erwarten? Es gibt Menschen, die noch
vor Christus leben: denen der Gott noch nie begegnet ist, der unsere Leiden
nicht heilt, indem er es beseitigt, sondern indem er es mitleidet; der das
Unrecht der Welt dadurch überführt, dass er selbst unter die Opfer der
Ungerechtig-keit tritt. Es gibt Menschen, die nach Christus leben - die ihn
gesehen haben und weggegangen sind. Ist es nicht seliger "vor" als "nach"
Christus zu leben? Darf seine erste Ankunft je einfach "hinter uns" liegen?
Bleibt sie nicht in einem sehr tiefen Sinn immer "voraus"? Müssen wir nicht in
Wahrheit ein Leben lang auf sie zugehen, und sollte der Advent uns nicht dazu
helfen, auf diesem Wege zu bleiben? So könnte uns allmählich auch sichtbar
werden, dass Warten auf die erste und auf die zweite Ankunft Jesu Christi im
tiefsten ein und dasselbe ist. Beides bedeutet zuletzt nichts anderes als das
Eintreten in die innere Dynamik der Bitte "Dein Reich komme".
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